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Kirchengericht:Verwaltungsgericht der Evangelischen Kirche im Rheinland
Entscheidungsform:Urteil
Datum:26.06.2012
Aktenzeichen:1 VG 25/2010
Rechtsgrundlage:§ 36 Abs. 2 VwGG.UEK; §§ 8, 10, 11 PStG; Art. 35 Abs. 4 Satz 2 Kirchenordnung
Vorinstanzen:keine
Schlagworte:Einspruch gegen die Pfarrwahl, Gemeindeversammlung, Pfarrstellenbesetzung, mündliche Verhandlung in Abwesenheit
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Leitsatz:

  1. Die Überprüfung eines Einspruchs gegen ein Wahlergebnis einer Pfarrwahl nach § 8 PStG unterliegt nicht der Zuständigkeit des Kirchlichen Verwaltungsgerichts.
  2. Das in § 8 PStG verankerte Recht eines Gemeindeglieds, gegen ein Wahlergebnis Einspruch einlegen zu können, beinhaltet zwar, dass der Einspruch an die Kirchenleitung weitergeleitet wird und dass der Einspruch von der Kirchenleitung bei ihrer Entscheidung gemäß § 11 PStG berücksichtigt wird. Eine förmliche Bescheidung des Einspruchs vor der abschließenden Entscheidung ist nach dem Gesetz indes nicht vorgeschrieben. Ein solcher Einspruch stellt auch keinen Widerspruch gegen einen Verwaltungsakt dar, dem nach § 24 Abs. 1 S. 1 VwGG a.F., § 20 Abs. 1 VwGG.EKD aufschiebende Wirkung zukäme.
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Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens
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Tatbestand

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Der Kläger hat mit Schreiben vom 5. September 2010, Eingang bei Gericht am 17. September 2010, Klage erhoben.
Er trägt vor:
Am 30. April 2010 habe er gem. § 8 PStG Einspruch gegen die Pfarrwahl in der Ev. Kirchengemeinde G. vom 25. April 2010 eingelegt, der noch nicht beschieden sei. Der Superintendent des Kirchenkreises K. habe ihm am 22. Juli 2010 mitgeteilt, er habe den Einspruch mit Stellungnahmen des Presbyteriums der Kirchengemeinde und des Kreissynodalvorstandes der Kirchenkreises an das Landeskirchenamt weitergeleitet, ohne bisher eine Antwort erhalten zu haben.
Auf die Klageschrift hat die Beklagte mit Schreiben vom 11. November 2010 ein an den Kläger gerichtetes Schreiben gleichen Datums zu den Gerichtsakten gereicht, wonach das Landeskirchenamt den Einspruch des Klägers vom 30. April 2010 als unbegründet zurückgewiesen hat. Die Pfarrwahl habe ohne vorherige Gemeindeversammlung stattfinden können. Die Pfarrstelle sei auch für eine Neubesetzung frei gewesen, nachdem die frühere Stelleninhaberin, Pfarrerin W., mit der von ihr beantragten Freistellung die Pfarrstelle gemäß § 81 Abs. 1 PfDG und nach der Entscheidung des Presbyteriums, ihr die Stelle nicht zu belassen, verloren habe. Soweit der Superintendent die Pfarrwahl auf den Synodalassessor delegiert habe, sei dies mit Art. 115 Abs. 3 der Kirchenordnung vereinbar.
Auf das Schreiben der Kirchenleitung vom 11. November 2010 trägt der Kläger im gerichtlichen Verfahren vor: Er rüge, dass vor einer Bescheidung seines Einspruchs am 15. Juli 2010 mit der Besetzung der Pfarrstelle Fakten geschaffen worden seien. Die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs gem. § 24 VwGG sei nicht berücksichtigt worden. Der Superintendent habe seine Aufgaben in der Evangelischen Kirchengemeinde G. auf den Synodalassessor übertragen. Er müsse aber auch in G. sichtbar machen, dass er als Superintendent legitimer Nachfolger von Pfarrerin P. ist und er ihrem persönlichen Druck nicht weicht. Es bleibe dabei, dass nach Art. 35 Abs. 4 der Kirchenordnung vor der Pfarrstellenbesetzung eine Gemeindeversammlung habe stattfinden müssen, um die Überlegungen im Blick auf die Pfarrstellenbesetzung mit der Gemeinde zu besprechen. Die Klage habe das Ziel, die Aufhebung der Vollziehung der Besetzung der Pfarrstelle anzuordnen und eine ordnungsgemäße Durchführung des Besetzungsverfahrens zu veranlassen. In der Kirchengemeinde gebe es zahlreiche Gemeindeglieder, die „ihre Pfarrerin“ W. nach Ende ihrer kurzfristigen, aus familiären Gründen erfolgten Freistellung behalten wollten. Die Abteilung I/Personal habe es unter Leitung des Oberkirchenrates P., des Ehemannes der Frau P., aktiv verhindert, dass sich Frau W. wieder auf ihre bisherige Stelle habe bewerben können.
An der mündlichen Verhandlung hat der Kläger nicht teilgenommen.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
die Aufhebung der Vollziehung der Besetzung der 2. Pfarrstelle der Ev. Kirchengemeinde G. anzuordnen und dafür Sorge zu tragen, dass das Pfarrstellenbesetzungsverfahren neu angesetzt und ordnungsgemäß durchgeführt wird.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Wegen der Einzelheiten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakten ergänzend Bezug genommen.
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Gründe:

Die 1. Kammer, die gemäß § 5 Abs. 1 des am 1. April 2011 in Kraft getretenen Kirchengesetzes über die kirchliche Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Evangelischen Kirche im Rheinland – VwGG.EKiR – in der Besetzung mit der rechtskundigen Vorsitzenden, einem weiteren rechtskundigen und einem beisitzenden ordinierten Mitglied entscheidet, konnte aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 26. Juni 2012 entscheiden, obwohl der Kläger nicht zur mündlichen Verhandlung erschienen ist. Er ist mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung entsprechend § 36 Abs. 2 des wegen der Klageerhebung vor dem 1. April 2011 noch anwendbaren Kirchengesetzes über die kirchliche Verwaltungsgerichtsbarkeit der Union Evangelischer Kirchen in der Evangelischen Kirche in Deutschland – VwGG a. F., § 32 Abs. 2 VwGG.EKD n.F. darauf hingewiesen worden, dass bei seinem Ausbleiben auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann.
Die Klage hat keinen Erfolg.
Die Überprüfung eines Einspruchs gegen ein Wahlergebnis nach § 8 PStG unterliegt bereits nicht der Zuständigkeit des Gerichts (§ 19, § 20 Nr. 3 VwGG a.F., § 15, § 16 VwGG.EKD n.F.).
Unbeschadet der Frage, ob im Klagewege nach Abschluss des Besetzungsverfahrens nach §§ 3 ff. PStG der Vorgang rückgängig gemacht werden kann, ist hier im Übrigen jedenfalls kein Fehler ersichtlich, der den Kläger in eigenen Rechten verletzt, wie es für einen Erfolg der Klage Voraussetzung ist (§ 21 VwGG a. F., § 17 VwGG.EKD n.F.).
Der geltend gemachte Anspruch folgt nicht aus der verzögerten Bescheidung des Einspruchs des Klägers gegen die Pfarrwahl vom 25. April 2010. Das in § 8 PStG verankerte Recht eines Gemeindeglieds, gegen ein Wahlergebnis Einspruch einlegen zu können, beinhaltet zwar, was hier offensichtlich geschehen ist, dass der Einspruch an die Kirchenleitung weitergeleitet wird (§ 10 PStG). Sinn und Zweck der Vorschrift entspricht es zudem, dass der Einspruch von der Kirchenleitung bei ihrer Entscheidung (§ 11 PStG) berücksichtigt wird. Eine förmliche Bescheidung des Einspruchs vor der abschließenden Entscheidung ist nach dem Gesetz indes nicht vorgeschrieben. Ein solcher Einspruch stellt auch keinen Widerspruch gegen einen Verwaltungsakt dar, dem nach § 24 Abs. 1 S. 1 VwGG a.F., § 20 Abs. 1 VwGG.EKD aufschiebende Wirkung zukäme.
Ergänzend weist das Gericht auf Folgendes hin:
Inwieweit ein Superintendent seine Aufgaben an den Synodalassessor delegieren darf, unterliegt der Dienstaufsicht durch die Kirchenleitung. Einklagbare Rechte eines Gemeindeglieds auf eine Beschränkung der Delegationsmöglichkeit bestehen nicht. Im Übrigen kann der Umstand, dass nicht der Superintendent, sondern der Synodalassessor tätig geworden ist, das Wahlergebnis nicht beeinflussen (vgl. § 11 Abs. 2 a) PStG).
Nach Art. 35 Abs. 4 Satz 2 der Kirchenordnung sind zwar Überlegungen des Presbyteriums im Blick auf die Pfarrstellenbesetzung in einer Gemeindeversammlung zu besprechen. Die Entscheidung darüber, ob im Falle der Freistellung die Pfarrstelle der bisherigen Amtsinhaberin zu belassen ist, stellt indes keine Frage dar, die die vorherige Einberufung einer Gemeindeversammlung erfordert (VGH, Beschluss vom 12. August 2010 – VGH 11/10).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 66 Abs. 1 VwGG a.F., § 60 Abs. 1 VwGG.EKD n.F.