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Leitlinien
zur Abfassung von Gesetzestexten, Verordnungen
und Formularen

Vom 30. Juni 1995

(KABl. S. 178)

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Nachstehend geben wir die von der Kirchenleitung am 30. Juni 1995 beschlossenen „Leitlinien zur Abfassung von Gesetzestexten, Verordnungen und Formularen“ bekannt. Sie sind für die Neufassung der genannten Texte zu verwenden. Für bereits bestehende Vorschriften sollen sie bei der nächstmöglichen Gesamtüberarbeitung zugrunde gelegt werden.
In der evangelischen Kirche nehmen Frauen und Männer mit ihren Angehörigen als Gemeindeglieder am kirchlichen Leben in verschiedener Weise teil und wirken an der Erfüllung der kirchlichen Aufgaben auf vielfältige Art – haupt- oder ehrenamtlich – mit.
Ihre Beziehungen untereinander wie zu Dritten finden Ausdruck auch in kirchlichem Recht und kirchlicher Verwaltung. Beschlüsse werden gefasst, Gesetze und Verordnungen formuliert, Formulare und automatisiert hergestellte Texte verwandt – all dies in großem Umfang und mit sprachprägender Kraft.
Sprachgewohnheiten haben sich dazu über Jahrhunderte hinweg als Rechts- und Verwaltungssprache entwickelt, die heutigen Lebenssachverhalten nicht immer entsprechen und von Frauen und Männern häufig als diskriminierend angesehen und nicht mehr akzeptiert werden.
Für alle, insbesondere aber für diejenigen unter uns, die kirchenleitend oder „verwaltend“ tätig sind, muss deshalb gelten,
  • dass wir von Frauen und Männern in der Rechts- und Verwaltungssprache gleichberechtigt und differenziert reden,
  • dass wir folglich auf die Verwendung der maskulinen Form zur abstrakten Bezeichnung männlicher und weiblicher Personen verzichten,
  • dass wir alle, mit denen wir schriftlich oder mündlich zu tun haben, entsprechend ihrem Geschlecht anreden,
  • dass wir, wo immer möglich, geschlechtsindifferente Bezeichnungen oder sonst
  • Paarformeln verwenden.
Deshalb wollen wir die nachfolgenden praktischen Hinweise beachten.
Gebrauch neutraler Formulierungen:
  • Verwendung geschlechtsneutraler Personenbezeichnungen (z. B. Person, Elternteil, Lehrkraft), möglichst im Plural (z. B. die Antragstellenden, die Beschäftigten, die Anwesenden, die Studierenden, die Beteiligten),
  • Gebrauch von Ableitungen auf -ung oder -schaft (z. B. Leitung, Belegschaft), verallgemeinernde Ausdrucksweise etwa durch Gebrauch von Pronomen (z. B. wer beantragt, hat vorzulegen),
  • Verwendung passivischer Formulierung (z. B. wer beauftragt wird, soll).
Paarformeln (z. B. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter):
  • sollen im Fließtext voll ausgeschrieben werden,
  • sollen mit „und“ oder „oder“ verbunden werden,
  • sollen in einem Text einheitlich verwendet werden.
Es ist nicht immer zu vermeiden,
  • dass sich in allgemeinen Gesetzes- oder Verwaltungsvorschriften, die im kirchlichen Bereich Anwendung finden, noch keine eingebürgerten geschlechtsneutralen Formulierungen finden lassen (etwa bei zusammengesetzten Wörtern wie z. B. Mitarbeitervertretung),
  • dass ein Text durch Paarformeln länger wirkt (das große Binnen-I wird nicht verwandt).
Bei der Abfassung von Normen kann es praktikabel sein, vorangestellt den Personenkreis, der erfasst werden soll, zu definieren und hier alle möglichen Personen auch ausdrücklich zu benennen.Im Folgenden kann dann darauf verwiesen oder auch im Wesentlichen geschlechtsneutral oder abstrakt formuliert werden, wodurch die Texte kürzer und verständlicher werden, ohne die notwendige Klarheit und Genauigkeit einzubüßen (z. B. die Bestimmungen betreffen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in folgenden Arbeitsbereichen …, im weiteren Text „Betroffene“ genannt).
Formulare dienen zur Erfassung bzw. Kurzdarstellung bestimmter Sachverhalte. Sie sollen so einfach und klar wie möglich formuliert und nur auf das Notwendigste beschränkt sein. Dabei muss im Sinne der oben genannten Hinweise auf den jeweiligen Kreis der Betroffenen eingegangen werden (z. B. Antragstellerin/Antragsteller, Mieterin/Mieter, Anordnungsbefugt, nicht: Anordnungsbefugte/Anordnungsbefugter).
Bei frei formulierten Schreiben der Verwaltung, die an eine bestimmte Person gerichtet sind, soll diese auch direkt und persönlich angesprochen werden. Die Ausdrucksweise soll einfach und klar sein, insbesondere, wenn die Empfängerin oder der Empfänger mit dem Sachverhalt nicht vertraut ist. Auch hierbei sollen die o. g. Hinweise beachtet werden. Wichtig ist, sich soweit wie möglich einer verbalen Ausdrucksweise zu bedienen und auf substantivische Formen nach Möglichkeit zu verzichten, da die Schreiben sonst unpersönlich und schwer verständlich wirken (z. B. nicht: Mit der Bitte um Bestätigung, sondern: Wir bitten Sie, dieses zu bestätigen).