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Ordnung
des Verfahrens bei der Beanstandung der Lehre
ordinierter Diener am Wort
(Lehrbeanstandungsordnung)

Vom 27. Juni 1963

(ABl. EKD S. 476, 620)

Die Synode der Evangelischen Kirche der Union hat die folgende Ordnung beschlossen:
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Grundlegung

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I.

Die Kirche hat den Auftrag, das Evangelium von Jesus Christus gemäß der Heiligen Schrift Alten und Neuen Testaments lauter und rein zu bezeugen. Mit diesem Auftrag ist ihr die Verpflichtung gegeben, Verkündigung und Lehre an der Heiligen Schrift zu prüfen und um des Heils der Menschen willen eine Verführung der Gewissen und eine Zerstörung der Gemeinde durch schriftwidrige Verkündigung und Lehre abzuwehren.
Die Kirche kann diesen Auftrag nur wahrnehmen, weil sie die Verheißung hat, dass der Herr der Kirche selbst über der Verkündigung und Lehre des Evangeliums wacht und dass er seiner Kirche durch den Heiligen Geist hilft, das Evangelium in Vollmacht zu verkündigen und die rechte Lehre zu bewahren.
Aufgrund seiner Taufe ist jeder Christ gerufen, das Evangelium zu bezeugen und auf die lautere Verkündigung und die rechte Lehre des Evangeliums achtzuhaben. Die berufenen Diener am Wort tragen in ihrem Amt eine besondere Verantwortung für die Reinheit der Verkündigung und Lehre des Evangeliums.
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II.

In der Evangelischen Kirche der Union und ihren Gliedkirchen sind evangelisch-lutherische, evangelisch-reformierte und evangelisch-unierte Gemeinden in Verantwortung vor den in ihnen geltenden Bekenntnissen in einer Kirche verbunden. Lutheraner, Reformierte und Unierte wissen sich in ihr miteinander verantwortlich für die schriftgemäße Verkündigung des Evangeliums und dienen gemeinsam der Aufgabe, einer Verfälschung der Verkündigung und Lehre zu wehren.
In der Evangelischen Kirche der Union und ihren Gliedkirchen wachen in den Gemeindekirchenräten (Presbyterien), Synoden und Kirchenleitungen ordinierte Diener am Wort und Gemeindeglieder in gemeinsamer Verantwortung über Verkündigung und Lehre.
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III.

Die Diener am Wort geloben in der Ordination, keine andere Lehre zu verkündigen und auszubreiten als die, welche gegründet ist in Gottes lauterem und klarem Wort, wie es verfasst ist in der Heiligen Schrift Alten und Neuen Testaments, unserer alleinigen Glaubensnorm, wie es bezeugt ist in den drei altkirchlichen Glaubensbekenntnissen sowie in den reformatorischen Bekenntnisschriften unserer Kirche und wie es als Wegweisung für die angefochtene Kirche aufs Neue bekannt worden ist in der Theologischen Erklärung von Barmen.
Im Gehorsam gegen das Zeugnis der Heiligen Schrift und gemäß den Bekenntnissen der Reformation haben die Evangelische Kirche der Union und ihre Gliedkirchen in ihren Grundartikeln einmütig bekannt, dass Jesus Christus allein unser Heil ist, das allein aus Gnaden geschenkt und allein im Glauben empfangen wird, und dass die Heilige Schrift, indem sie dies bezeugt, die alleinige Quelle und Richtschnur für Glauben, Lehre und Leben der Kirche ist.
Ein ordinierter Diener am Wort, der in seiner Verkündigung und Lehre im Widerspruch zu dem entscheidenden Inhalt der Heiligen Schrift steht, wie er in den Bekenntnissen der Reformation bezeugt und in den Grundartikeln der Evangelischen Kirche der Union und ihrer Gliedkirchen bekannt worden ist, kann nicht im Dienst der öffentlichen Verkündigung und Lehre des Evangeliums bleiben.
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IV.

Die Verantwortung der Kirche für die schriftgemäße Verkündigung und Lehre des Evangeliums umfasst die gottesdienstliche Verkündigung, die Verwaltung der Sakramente, die kirchliche Unterweisung, den Dienst der Seelsorge, die theologische Lehrtätigkeit sowie jede andere Darbietung des Evangeliums in Wort und Schrift.
Die Kirche nimmt ihre Verantwortung für die rechte Verkündigung und Lehre im Besonderen dadurch wahr, dass sie für die Zurüstung und Bestellung geeigneter Prediger und Lehrer des Evangeliums durch Ausbildung, Prüfung, Ordination und Berufung Sorge trägt. Des Weiteren wacht die Kirche über der in ihrem Bereich geschehenden Verkündigung und Lehre ständig durch den Dienst der brüderlichen Beratung, Mahnung und Visitation.
Wenn dieser Dienst nicht ausreicht, einen Diener am Wort, der in seiner Verkündigung und Lehre im Widerspruch zum entscheidenden Inhalt der Heiligen Schrift steht, zur Wahrheit des Evangeliums zu weisen, so ist als äußerste Maßnahme ein Lehrbeanstandungsverfahren erforderlich.
Für dieses Verfahren gilt die folgende Ordnung:
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Ordnung des Verfahrens

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§ 1

( 1 ) Ein Lehrbeanstandungsverfahren setzt voraus, dass Tatsachen vorliegen, welche die Annahme rechtfertigen, dass ein ordinierter Diener am Wort durch seine Verkündigung und Lehre oder sonst öffentlich durch Wort oder Schrift in Widerspruch zum entscheidenden Inhalt der Heiligen Schrift getreten ist, wie er in den Bekenntnissen der Reformation bezeugt und in den Grundartikeln der Evangelischen Kirche der Union und ihrer Gliedkirchen bekannt worden ist, und dass der ordinierte Diener am Wort trotz voraufgegangener Ermahnung und Belehrung beharrlich an seiner als schriftwidrig beanstandeten Lehre festhält.
( 2 ) Liegen diese Voraussetzungen vor, so beschließt die Kirchenleitung, deren Dienstaufsicht der Betroffene untersteht, ein Lehrbeanstandungsverfahren einzuleiten. Je nachdem, ob der Betroffene im Dienst einer Kirchengemeinde, eines Kirchenkreises, einer Gliedkirche oder der Evangelischen Kirche der Union steht, ist dem Gemeindekirchenrat (Presbyterium), dem Kreiskirchenrat (Kreissynodalvorstand), dem Konsistorium (Landeskirchenamt, Landeskirchenrat) oder der Kirchenkanzlei vor dem Beschluss der Einleitung des Verfahrens Gelegenheit zur mündlichen oder schriftlichen Stellungnahme zu geben. Steht der Betroffene im Dienst einer Kirchengemeinde, so ist auch dem Kreiskirchenrat (Kreissynodalvorstand) Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Bei den in §§ 33 und 38 genannten Personen ist sinngemäß zu verfahren.
( 3 ) Der Beschluss der Kirchenleitung ist dem Betroffenen mit Begründung zuzustellen. Dabei sind die Tatsachen nach Absatz 1 anzugeben.
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A. Theologisches Lehrgespräch

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§ 2

( 1 ) Das Lehrbeanstandungsverfahren beginnt mit einem theologischen Lehrgespräch.
( 2 ) Zweck des Lehrgesprächs ist die Klärung des Sachverhalts und, soweit erforderlich, der Versuch, dem Betroffenen zu helfen, dass er die Schriftwidrigkeit seiner Verkündigung und Lehre erkennt und von ihr lässt.
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§ 3

( 1 ) Die Kirchenleitung beauftragt mit der Teilnahme am Lehrgespräch
  1. zwei ihrer theologischen Mitglieder,
  2. eines ihrer nichttheologischen Mitglieder,
  3. einen im Pfarramt stehenden Theologen, der der Kirchenleitung nicht angehört,
  4. ein ordentliches Mitglied einer Evangelisch-Theologischen Fakultät oder des Lehrkörpers einer Kirchlichen Hochschule oder einen sonst im theologischen Lehramt stehenden Diener am Wort im Bereich der Evangelischen Kirche der Union.
( 2 ) Der Vorsitzende und sein Stellvertreter werden durch die Kirchenleitung bestimmt.
( 3 ) Die Mehrheit der Beauftragten muss in der gleichen Bekenntnisbindung stehen wie der Betroffene.
( 4 ) Die Kirchenleitung kann außerdem einen Protokollführer bestellen, der sich nicht am Lehrgespräch beteiligt.
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§ 4

( 1 ) Das Lehrgespräch soll innerhalb von drei Monaten nach Zustellung des Beschlusses der Kirchenleitung (§ 1 Abs. 3) stattfinden.
( 2 ) Der Vorsitzende setzt Ort und Zeit fest und lädt die Beteiligten ein. Dabei ist der Betroffene darauf hinzuweisen, dass im Falle seines Fernbleibens das Verfahren vor der Spruchkammer eröffnet werden kann.
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§ 5

( 1 ) Das Lehrgespräch ist nicht öffentlich. Die Gliedkirchen können bestimmen, dass der zuständige Generalsuperintendent (Propst) und Superintendent als Zuhörer daran teilnehmen.
( 2 ) Es kann nur stattfinden, wenn außer dem Vorsitzenden mindestens drei weitere Mitglieder, darunter das in § 3 Abs. 1 (Buchstabe) d genannte Mitglied, anwesend sind.
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§ 6

( 1 ) Über den wesentlichen Inhalt des Gesprächs ist möglichst während seines Verlaufs, spätestens jedoch innerhalb einer Woche, eine Niederschrift anzufertigen, die von allen Teilnehmern zu unterschreiben ist. Verweigert der Betroffene die Unterschrift, so ist dies in der Niederschrift festzustellen.
( 2 ) Dem Betroffenen ist eine Abschrift der Niederschrift zuzustellen. Er kann binnen drei Wochen nach Zustellung der Niederschrift der Kirchenleitung seine Stellungnahme zu dem Lehrgespräch einreichen.
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§ 7

( 1 ) Nach Abschluss des Lehrgesprächs erstatten der Vorsitzende und die Beisitzer der Kirchenleitung ein Votum darüber, ob die Lehrbeanstandung als behoben angesehen werden kann oder ob sie aufrechtzuerhalten ist, und welche Maßnahmen nach § 8 im letzteren Fall empfohlen werden. Das Votum ist von dem Vorsitzenden und sämtlichen Beisitzern zu unterschreiben. Wenn ein Mitglied eine abweichende Meinung hat, so reicht es seine Stellungnahme der Kirchenleitung ein. Dies ist im Votum zu vermerken.
( 2 ) Der Vorsitzende legt der Kirchenleitung die Niederschrift und das Votum mit einem zusammenfassenden Bericht vor.
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§ 8

( 1 ) Nach Eingang aller Unterlagen entscheidet die Kirchenleitung, ob das Lehrbeanstandungsverfahren einzustellen oder auszusetzen ist, oder ob gegen den Betroffenen ein Verfahren vor der Spruchkammer eröffnet werden soll.
( 2 ) Wenn die Kirchenleitung gemäß Absatz 1 das Lehrbeanstandungsverfahren aussetzt, kann sie dem Betroffenen besondere theologische Studien auftragen und ihn dafür erforderlichenfalls beurlauben.
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§ 9

Hat der Betroffene die Teilnahme am Lehrgespräch verweigert, ist er ohne zwingende Gründe nicht erschienen, oder lehnt er es ab, sich den Maßnahmen gemäß § 8 Abs. 2 zu unterziehen, so entscheidet die Kirchenleitung darüber, ob das Verfahren vor der Spruchkammer eröffnet werden soll.
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§ 10

Hat die Kirchenleitung die Eröffnung des Verfahrens vor der Spruchkammer beschlossen, so kann sie den Betroffenen bis zur Beendigung des Verfahrens unter Belassung seiner Dienstbezüge beurlauben.
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§ 11

Die Beschlüsse der Kirchenleitung sind dem Betroffenen mit Begründung zuzustellen. Wird das Verfahren vor der Spruchkammer eröffnet, so hat der Beschluss die als schriftwidrig beanstandete Lehre zu bezeichnen.
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B. Verfahren vor der Spruchkammer

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I. Allgemeine Bestimmungen

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§ 12

In den Gliedkirchen werden durch die Provinzial-(Landes-)Synode Spruchkammern gebildet. Dabei ist den in der Gliedkirche geltenden Bekenntnissen Rechnung zu tragen. Erforderlichenfalls sind mehrere Spruchkammern zu bilden. Das Nähere regelt das gliedkirchliche Recht.1#
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§ 13

( 1 ) Jeder Spruchkammer gehören an
  1. vier in einem Amt der Gliedkirche stehende ordinierte Theologen, von denen zwei in einem Gemeindepfarramt stehen sollen,
  2. zwei Gemeindeglieder, die die Befähigung zum Ältestenamt (Presbyteramt) besitzen,
  3. ein ordentliches Mitglied einer Evangelisch-Theologischen Fakultät oder des Lehrkörpers einer Kirchlichen Hochschule oder ein sonst im theologischen Lehramt stehender Diener am Wort im Bereich der Evangelischen Kirche der Union.
( 2 ) Stellvertreter sind in der erforderlichen Anzahl zu berufen.
( 3 ) Die Mitglieder jeder Spruchkammer, der Vorsitzende und sein Stellvertreter sowie die Reihenfolge der Stellvertreter und der etwaigen Ersatzleute sind durch die Provinzial-(Landes-)Synode für die Dauer ihrer Amtsperiode im Voraus zu bestimmen.
( 4 ) Die Gliedkirchen können bestimmen, dass der Bischof (Präses) oder sein Stellvertreter den Vorsitz in der Spruchkammer führt.
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§ 14

Von der Mitwirkung in der Spruchkammer ist ausgeschlossen,
  1. wer am voraufgegangenen Lehrgespräch beteiligt war,
  2. wer Ehegatte oder Vormund des Betroffenen ist oder gewesen ist,
  3. wer mit dem Betroffenen in gerader Linie verwandt, verschwägert oder durch Annahme an Kindes Statt verbunden, in der Seitenlinie bis zum dritten Grade verwandt oder bis zum zweiten Grade verschwägert ist, auch wenn die Ehe, durch welche die Schwägerschaft begründet war, nicht mehr besteht.
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§ 15

( 1 ) Gliedkirchen, die nur eine Spruchkammer bilden, können bestimmen, dass der Betroffene das Recht hat, einzelne Mitglieder der Kammer, die seiner Bekenntnisbindung nicht entsprechen, abzulehnen.
( 2 ) Binnen zwei Wochen nach Zustellung der Mitteilung gemäß § 18 kann der Betroffene Mitglieder der Kammer wegen Besorgnis der Befangenheit ablehnen. Die Ablehnung ist schriftlich zu begründen. Die Kammer entscheidet darüber durch unanfechtbaren Beschluss, bei dem an Stelle der abgelehnten Mitglieder deren Stellvertreter mitwirken. Das Gleiche gilt, wenn Mitglieder der Kammer, auch ohne von dem Betroffenen abgelehnt zu sein, sich selbst für befangen erklären.
( 3 ) Lehrmeinungen eines Mitgliedes, die von denen des Betroffenen abweichen, können als Ablehnungsgrund nicht geltend gemacht werden.
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§ 16

Die Mitglieder der Spruchkammer führen ihr Amt in Unabhängigkeit und sind nur an die Heilige Schrift sowie an die Bekenntnisse und an die Ordnungen ihrer Kirche gebunden.
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II. Gang des Verfahrens

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§ 17

Die Kirchenleitung übermittelt ihren Eröffnungsbeschluss mit den Vorgängen dem Vorsitzenden der Spruchkammer.
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§ 18

Der Vorsitzende teilt dem Betroffenen die Besetzung der Spruchkammer unter Hinweis auf die Bestimmungen des § 15 durch Zustellung mit.
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§ 19

( 1 ) Der Vorsitzende der Spruchkammer beauftragt eins oder einige ihrer Mitglieder mit den notwendigen Ermittlungen und der Vorbereitung der Verhandlung.
( 2 ) Nach Abschluss der Ermittlungen bestellt der Vorsitzende ein Mitglied zum Berichterstatter für die mündliche Verhandlung.
( 3 ) Der Vorsitzende bestellt im Benehmen mit dem Vorsitzenden der Kirchenleitung für die mündliche Verhandlung einen Protokollführer, der der Spruchkammer nicht angehört.
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§ 20

( 1 ) Je nachdem, ob der Betroffene im Dienst einer Kirchengemeinde, eines Kirchenkreises, einer Gliedkirche oder der Evangelischen Kirche der Union steht, ist dem Gemeindekirchenrat (Presbyterium), dem Kreiskirchenrat (Kreissynodalvorstand), dem Konsistorium (Landeskirchenamt, Landeskirchenrat) oder der Kirchenkanzlei Gelegenheit zur mündlichen oder schriftlichen Stellungnahme zu geben.
( 2 ) Bei den in § 33 und § 38 genannten Personen ist sinngemäß zu verfahren.
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§ 21

( 1 ) Dem Betroffenen ist Gelegenheit zu geben, mündlich oder schriftlich zum ermittelten Sachverhalt Stellung zu nehmen. Der Betroffene kann Gutachten beibringen. Auf Antrag ist ihm nach Eröffnung des Verfahrens vor der Spruchkammer Einsicht in die Akten des Verfahrens zu gewähren.
( 2 ) Der Betroffene kann sich während des Spruchkammerverfahrens eines Beistandes bedienen. Dieser muss einer Gliedkirche der Evangelischen Kirche in Deutschland angehören.
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§ 22

Der Vorsitzende der Kammer lädt die Beteiligten mit einer Frist von vier Wochen zur mündlichen Verhandlung ein.
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§ 23

( 1 ) Die mündliche Verhandlung kann nur bei Anwesenheit sämtlicher Mitglieder der Spruchkammer stattfinden.
( 2 ) Ist der Betroffene aus zwingenden Gründen am Erscheinen verhindert, so ist ein neuer Verhandlungstermin einzuberaumen. Erscheint der Betroffene ohne stichhaltige Entschuldigung nicht, so kann in seiner Abwesenheit verhandelt werden.
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§ 24

Die Verhandlung vor der Spruchkammer ist nicht öffentlich. Die Kirchenleitung hat das Recht, eins ihrer Mitglieder als Zuhörer in die Verhandlung zu entsenden.
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§ 25

In der mündlichen Verhandlung sind die beanstandeten Lehraussagen im Rahmen der gesamten Verkündigung und Lehre des Betroffenen in geistlicher Beurteilung einer umfassenden theologischen Prüfung zu unterziehen.
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§ 26

Über den Gang der Verhandlung ist eine Niederschrift anzufertigen, die vom Vorsitzenden und dem Protokollführer zu unterschreiben ist. Die Niederschrift muss den Gang der Verhandlung im Wesentlichen wiedergeben sowie die im Laufe der Verhandlung gestellten Anträge und das Ergebnis der Verhandlung enthalten.
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§ 27

( 1 ) Aufgrund der mündlichen Verhandlung stellt die Spruchkammer fest, entweder
  1. dass der Betroffene in seiner Verkündigung und Lehre im Widerspruch zum entscheidenden Inhalt der Heiligen Schrift steht, wie er in den Bekenntnissen der Reformation bezeugt und in den Grundartikeln der Evangelischen Kirche der Union und ihrer Gliedkirchen bekannt worden ist, dass er darin beharrt und deshalb als ein ordinierter Diener am Wort nicht mehr tragbar ist, oder
  2. dass dem Betroffenen nicht der Vorwurf gemacht werden kann, mit seiner Verkündigung und Lehre im Widerspruch zum entscheidenden Inhalt der Heiligen Schrift zu stehen.
( 2 ) Eine Feststellung zu Absatz 1 (Buchstabe) a kann die Spruchkammer nur mit mindestens fünf Stimmen treffen. Eine Feststellung zu Absatz 1 (Buchstabe) b kann mit einfacher Mehrheit getroffen werden.
( 3 ) Wird keine dieser Mehrheiten erreicht, so stellt die Spruchkammer fest, dass eine Entscheidung nicht getroffen werden konnte.
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§ 28

( 1 ) Die Feststellung der Spruchkammer gemäß § 27 Abs. 1 (Buchstabe) a oder b ist in einem Spruch niederzulegen, der schriftlich zu begründen und von den Mitgliedern der Spruchkammer zu unterschreiben ist.
( 2 ) Der Vorsitzende stellt den Spruch nebst Begründung dem Betroffenen und der Kirchenleitung innerhalb von vier Wochen zu. Der Spruch ist endgültig.
( 3 ) Kann die Spruchkammer eine Entscheidung nicht treffen (§ 27 Abs. 3), so teilt sie dies der Kirchenleitung unverzüglich mit. In diesem Falle stellt die Kirchenleitung das Verfahren ein und macht dem Betroffenen davon Mitteilung.
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§ 29

( 1 ) Hat die Spruchkammer eine Feststellung gemäß § 27 Abs. 1 (Buchstabe) a getroffen, so verliert der Betroffene mit dem Tage der Zustellung des Spruches die in der Ordination begründeten Rechte und scheidet aus dem Dienst der Kirche aus. Die bisherigen Bezüge verbleiben dem Betroffenen bis zum Ablauf des zweiten Monats, der auf die Zustellung des Spruches folgt.
( 2 ) Das Konsistorium (Landeskirchenamt, Landeskirchenrat) stellt das Ausscheiden und den Zeitpunkt fest, an dem die Rechtswirkungen des Ausscheidens eingetreten sind, und teilt dies dem Betroffenen mit.
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C. Besondere Bestimmungen

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§ 30

( 1 ) Die Kirchenleitung gewährt dem Betroffenen im Falle des § 29 eine Unterhaltsbeihilfe in der Höhe der im Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Dienst erdienten Versorgungsbezüge. Den versorgungsberechtigten Hinterbliebenen wird eine Unterhaltsbeihilfe gewährt, die den Witwen- bzw. Waisenbezügen entspricht.
( 2 ) Die Unterhaltsbeihilfe wird hinsichtlich ihres Wegfalles oder Ruhens und hinsichtlich des Einflusses, den etwaige Bezüge aus einem öffentlichen Dienst auf sie haben, wie ein Ruhegehalt behandelt. Auf die Unterhaltsbeihilfe kann eigenes Einkommen angerechnet werden, soweit beides zusammen die Höhe der zuletzt erhaltenen Bezüge übersteigt.
( 3 ) Erweisen sich der Betroffene oder seine versorgungsberechtigten Hinterbliebenen als der Unterhaltsbeihilfe unwürdig, so kann ihnen auf Antrag der Kirchenleitung durch Beschluss der Disziplinarkammer (des Rechtsausschusses) die Unterhaltsbeihilfe ganz oder teilweise entzogen werden.
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§ 31

Verzichtet der Betroffene nach Durchführung des Lehrgesprächs zur Vermeidung des weiteren Verfahrens auf die in der Ordination begründeten Rechte und nimmt die Kirchenleitung den Verzicht an, so gewährt sie ihm eine Unterhaltsbeihilfe gemäß § 30.
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§ 32

( 1 ) Erweist sich ein Lehrbeanstandungsverfahren gegen einen Amtsträger, der im unmittelbaren Dienst der Evangelischen Kirche der Union steht, als notwendig, so veranlasst der Rat ein Lehrgespräch mit dem Betroffenen in sinngemäßer Anwendung der §§ 2 bis 11 und ersucht gegebenenfalls die Leitung einer Gliedkirche, das Verfahren vor der Spruchkammer gegen den Betroffenen durchzuführen. In diesem Falle tritt in den §§ 17 ff. an Stelle der Kirchenleitung der Rat und an Stelle des Konsistoriums (Landeskirchenamts, Landeskirchenrats) die Kirchenkanzlei der Evangelischen Kirche der Union.
( 2 ) Der Rat der Evangelischen Kirche der Union bestimmt für die Dauer der Wahlperiode der Synode der Evangelischen Kirche der Union, welche Spruchkammer(n) zuständig ist (sind).
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§ 33

Wird ein Verfahren nach dieser Ordnung gegen einen im Dienst einer anderen öffentlichen Körperschaft, einer Anstalt, einer Stiftung oder eines Vereins stehenden ordinierten Amtsträger durchgeführt, und trifft die Spruchkammer die Feststellung gemäß § 27 Abs. 1 [Buchstabe] a, so verliert der Betroffene damit die in der Ordination begründeten Rechte. Soweit er seinen Dienst aufgrund einer kirchlichen Bevollmächtigung versieht, erlischt diese Bevollmächtigung.
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§ 34

Ein Lehrbeanstandungsverfahren kann auch gegen einen ordinierten Amtsträger durchgeführt werden, der sich im Ruhe- oder Wartestand befindet. Die §§ 29 und 30 finden entsprechende Anwendung.
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§ 35

( 1 ) Der Tatbestand, der zu einem Lehrbeanstandungsverfahren führt, kann nicht Gegenstand eines Disziplinarverfahrens sein.
( 2 ) Liegt neben den Voraussetzungen des Lehrbeanstandungsverfahrens auch ein Tatbestand vor, der die Eröffnung eines Disziplinarverfahrens rechtfertigt, so entscheidet die Kirchenleitung, ob das Lehrbeanstandungsverfahren bis zur Entscheidung des Disziplinarverfahrens ausgesetzt werden soll.
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§ 36

Ein Lehrbeanstandungsverfahren ist, außer im Falle des § 27 Abs. 3, auch einzustellen,
  1. wenn der Betroffene aus dem Dienst der Kirche entlassen wird, ohne dass ihm die in der Ordination begründeten Rechte belassen sind,
  2. wenn der Betroffene aus dem Dienst der Kirche ausscheidet,
  3. wenn der Betroffene wegen Geisteskrankheit entmündigt worden ist,
  4. im Falle des Todes des Betroffenen.
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§ 37

( 1 ) Zwei oder mehrere Gliedkirchen können aufgrund dieser Ordnung eine gemeinsame Spruchkammer bilden.
( 2 ) Eine Gliedkirche kann auf die Bildung einer eigenen Spruchkammer verzichten und den Dienst der Spruchkammer einer anderen, dazu bereiten Gliedkirche der Evangelischen Kirche der Union in Anspruch nehmen.
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§ 38

( 1 ) Ist die Kirchenleitung der Gliedkirche, deren Dienstaufsicht der Betroffene untersteht, nach Feststellung des Rates nicht in der Lage, das Lehrbeanstandungsverfahren durchzuführen, und wohnt der Betroffene innerhalb einer anderen Gliedkirche der Evangelischen Kirche der Union, so ist die Kirchenleitung der Wohnsitzgemeinde zuständig. Wohnt er außerhalb des Geltungsbereichs dieser Ordnung, so bestimmt der Rat, welche Gliedkirche zuständig ist.
( 2 ) Untersteht der Betroffene nicht der Dienstaufsicht einer Gliedkirche, so ist die Kirchenleitung zuständig, in deren Bereich der Betroffene seinen Dienst tut oder wohnt. Absatz 1 gilt entsprechend.
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D. Kosten- und Schlussvorschriften

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§ 39

( 1 ) Für die Durchführung des Lehrgesprächs und des Verfahrens vor der Spruchkammer werden Gebühren nicht erhoben.
( 2 ) Die der Kirche entstehenden Ausgaben werden von der Kirche getragen. Sie können durch Beschluss der Spruchkammer ganz oder teilweise dem Betroffenen auferlegt werden, wenn er sie durch sein Verhalten im Verfahren schuldhaft verursacht hat.
( 3 ) Dem Betroffenen werden die zur Wahrnehmung seiner Rechte entstandenen Ausgaben einschließlich der Kosten für die Hinzuziehung eines Beistandes, soweit sie von dem Vorsitzenden der Spruchkammer als notwendig anerkannt sind, erstattet.
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§ 40

Die zur Ausführung dieser Ordnung erforderlichen Bestimmungen erlassen der Rat der Evangelischen Kirche der Union und die Gliedkirchen jeweils für ihren Bereich.2#
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§ 41

Mit dem Inkrafttreten dieser Ordnung3# treten für ihren Geltungsbereich alle Vorschriften außer Kraft, die dieser Ordnung widersprechen, insbesondere das Kirchengesetz betreffend das Verfahren bei Beanstandung der Lehre von Geistlichen vom 16. März 1910 (KGVBl. vom 21. April 1910).

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1 ↑ Siehe das Kirchengesetz betreffend das Verfahren bei der Beanstandung der Lehre ordinierter Diener am Wort in der Evangelischen Kirche im Rheinland (Nr. 616).
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2 ↑ Siehe das Kirchengesetz betreffend das Verfahren bei der Beanstandung der Lehre ordinierter Diener am Wort in der Evangelischen Kirche im Rheinland (Nr. 616).
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3 ↑ Die Lehrbeanstandungsordnung ist für die Evangelische Kirche der Union am 15. Juli 1963 in Kraft getreten. Für die Evangelische Kirche im Rheinland ist die Lehrbeanstandungsordnung durch Beschluss des Rates der Evangelischen Kirche der Union vom 4. Februar 1964 (ABl. EKD S. 57) zum 1. März 1964 in Kraft gesetzt worden.