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Kirchengericht:Verwaltungskammer der Evangelischen Kirche im Rheinland
Entscheidungsform:Urteil
Datum:04.09.1990
Aktenzeichen:VK 03/1990
Rechtsgrundlage:§ 6 Abs. 1 Nr. 2 BhV; § 13 Abs. 9 BhV i.V.m. §§ 6 und 7 BhV
Vorinstanzen:keine
Schlagworte:Beihilfe
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Leitsatz:

  1. Grundsätzlich muss nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 BhV die Beihilfefähigkeit durch die Festsetzungsstelle vor Durchführung des Sanatoriumaufenthaltes anerkannt werden. Lediglich wenn eine erforderliche vorherige Anerkennung der Beihilfefähigkeit ohne Verschulden des Antragstellers unterblieben ist, wird die Beihilfe nach § 13 Abs. 9 BhV dennoch gewährt.
  2. Unter einem kurmäßigen Heilverfahren ist eine ambulante Heilkur gemäß § 7 BhV, nicht aber ein Sanatoriumsaufenthalt nach § 6 BhV zu verstehen.
  3. Ein vom Amtsarzt für den Antragsteller selbst für notwendig erklärte Sanatoriumsaufenthalt lässt keinen Rückschluss auf eine für die Ehefrau erforderliche Heilmaßnahme zu.
  4. Es ist grundsätzlich eine Obliegenheit eines jeden Beihilfeberechtigten, die notwendigen Anträge zu stellen und möglicherweise hierzu auch die Beihilfevorschriften zu Rate zu ziehen.
  5. Bei einer telefonischen Auskunft muss sich der Sachbearbeiter immer an den Rahmen der an ihn gestellten Frage orientieren. Die Fürsorgepflicht des Dienstherrn kann nicht soweit gehen, dass der Anrufende über eine kostenmäßig günstige abzurechnende Heilbehandlung ohne konkrete Anfrage informiert wird, wenn der Privatarzt eine solche Heilbehandlung nicht für erforderlich attestiert hat.
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Tenor:

Der Antrag wird zurückgewiesen.
Die Entscheidung ergeht auslagen- und gebührenfrei.
Die außergerichtlichen Kosten trägt jede Partei selbst.
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Tatbestand:

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Der Antragsteller, Pfarrer in Essen, beabsichtigte, sich zusammen mit seiner Ehefrau einer Heilkur zu unterziehen, nachdem sein Hausarzt ein kurmäßiges Heilverfahren für erforderlich gehalten hatte. Deshalb ersuchte er in einem Telefongespräch vom 8. März 1989 mit der Beihilfestelle der Antragsgegnerin um Auskunft über die Beihilfefähigkeit einer Heilkur für sich und seine Ehefrau. In diesem Gespräch, das sich nicht auf einen Sanatoriumsaufenthalt bezog, wurde seitens der Antragsgegnerin die Auskunft gegeben, daß die Kosten einer Heilkur (nämlich für Unterbringung und Verpflegung) der Ehefrau nicht beihilfefähig seien; der Antragsteller wurde aufgefordert, wegen seiner Heilkur das Gutachten eines Amtsarztes vorzulegen. Dieses amtsärztliche Gutachten vom 11. April 1989 kam zu dem Ergebnis, daß nicht nur eine Heilkur, sondern eine Sanatoriumsbehandlung des Antragstellers erforderlich sei. Der Amtsarzt gab dem Antragsteller die amtsärztliche Begutachtung mit, von welcher der Antragsteller, bevor er das Gutachten am 17. April 1989 der Beihilfestelle einreichte, Kenntnis nahm. Mit Bescheid vom 24. April 1989 erkannte die Antragsgegnerin die Sanatoriumsbehandlung des Antragstellers als beihilfefähig an.
Der Antragsteller führte mit seiner Ehefrau eine Sanatoriumskur von vier Wochen, beginnend ab 8. Mai 1989, durch.
Mit Schreiben vom 7. Mai 1989 teilte der Antragsteller der Beihilfestelle der Antragsgegnerin mit, angesichts einer Information seitens eines Amtsbruders befremde ihn die telefonische Auskunft vom 8. März 1989, daß die Beihilfefähigkeit der Kur für seine Ehefrau nicht in Betracht komme; wegen dieser Auskunft habe er die Beantragung und amtsärztliche Begutachtung für seine Ehefrau unterlassen. Er bitte um Aufklärung.
Die Antragsgegnerin teilte daraufhin unter dem 24. Mai 1989 mit, am Telefon sei aller Wahrscheinlichkeit nach nur von einer beabsichtigten Heilkur, die für die Ehefrau nicht beihilfefähig sei, nicht aber von einem Sanatoriumsaufenthalt gesprochen worden.
Der Antragsteller entgegnete unter dem 19. Juni 1989, die Antragsgegnerin habe eine umfassende Information, zu welcher sie verpflichtet sei, versäumt. Es sei fraglos ein der Antragsgegnerin nicht unvertrauter Umstand, daß den ihrer Fürsorge anvertrauten Leuten die unterschiedliche Sprachregelung der Beihilfevorschriften nicht geläufig sei.
Mit Bescheid vom 21. August 1989 wies die Antragsgegnerin diesen Vorwurf zurück. Da für die Ehefrau kein Sanatoriumsaufenthalt anerkannt worden sei, könne sie nur die Aufwendungen für die Behandlungen und die verordneten Anwendungen anerkennen; eine Beihilfe für Unterkunft und Verpflegung sei nicht möglich.
Mit dem am 22. September 1989 eingelegten Widerspruch wiederholte der Antragsteller den Vorwurf der Fürsorgepflichtverletzung.
Mit Bescheid vom 5. Januar 1990 teilte das Landeskirchenamt dem Antragsteller mit, daß die Antragsgegnerin am 7. Dezember 1989 den Widerspruch zurückgewiesen habe, weil nach der Behandlung die Behandlungsbedürftigkeit vor der Behandlung nur unter Schwierigkeiten konkret festzustellen und der Vorwurf, der Antragsteller sei nicht umfassend belehrt worden, nicht gerechtfertigt sei. Der Bescheid wurde dem Antragsteller am 18. Januar 1990 zugestellt.
Mit dem am 6. März 1990 eingegangenen Antrag wiederholt der Antragsteller sein früheres Vorbringen. Ergänzend trägt er vor: Das Krankheitsbild seiner Ehefrau lasse auch jetzt noch einen Rückschluß durch den Amtsarzt auf die Behandlungsbedürftigkeit vor der Sanatoriumsbehandlung zu. Im übrigen sei bei dem Telefongespräch vom 8. März 1989 nicht von einer Heilkur, sondern von einer “Kur” gesprochen worden. Im übrigen sei es gerechtfertigt, über die Notwendigkeit einer Heilkur bzw. eines Sanatoriumsaufenthaltes immer den Amtsarzt entscheiden zu lassen.
Der Antragsteller beantragt,
die Antragsgegnerin unter Aufhebung ihrer Bescheide vom 21. August 1989 und 7. Dezember 1989 zu verpflichten, die Beihilfefähigkeit des am 8. Mai 1989 begonnenen Sanatoriumsaufenthalts der Ehefrau des Antragstellers anzuerkennen und eine Beihilfe gemäß den Beihilfevorschriften zu zahlen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Sie führt unter anderem aus: Die Antwort zu einem Auskunftsersuchen müsse sich an der jeweiligen Frage orientieren, die sich vorliegend nur auf eine Heilkur bezogen habe. Es hieße, die Fürsorgepflicht des Dienstherrn zu überspannen, wolle man ihn verpflichten, alle rechtlich denkbaren Konstellationen zu überlegen und zur Diskussion zu stellen. Eine nachträgliche Anerkennung der Beihilfefähigkeit sei nicht möglich, weil dem Antragsteller vorzuwerfen sei, daß er trotz Information eines Amtsbruders nicht selbst einmal in den einschlägigen Vorschriften nachgesehen habe.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts im einzelnen wird auf den Inhalt der Akten der Verwaltungskammer ergänzend Bezug genommen.
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Gründe:

Der Antrag auf Entscheidung der Verwaltungskammer ist zulässig (§§ 2 Abs. 2, 10 Verwaltungskammergesetz). Er ist aber nicht begründet.
Die Voraussetzungen für die Anerkennung des Sanatoriumsaufenthalts der Ehefrau des Antragstellers als beihilfefähig bzw. die Zahlung einer Beihilfe für Unterbringung und Verpflegung des Sanatoriumsaufenthaltes, liegen nicht vor.
Grundsätzlich muß nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 der Beihilfevorschriften für die evangelische Kirche im Rheinland vom 19. Juni 1975 in der derzeit geltenden Fassung (BhV) vor Durchführung des Sanatoriumsaufenthaltes die Beihilfefähigkeit durch die Festsetzungsstelle anerkannt worden sein. Eine solche vorherige Anerkennung der Beihilfefähigkeit in bezug auf den Sanatoriumsaufenthalt der Ehefrau des Antragstellers liegt nicht vor.
Zwar wird nach § 13 Abs. 9 BhV die Beihilfe dennoch gewährt, wenn eine erforderliche vorherige Anerkennung der Beihilfefähigkeit ohne Verschulden des Antragstellers unterblieben ist. Aber auch nach dieser Bestimmung kommt eine Anerkennung der Beihilfefähigkeit für Unterbringung und Verpflegung des Sanatoriumsaufenthaltes der Ehefrau des Antragstellers nicht in Betracht, weil die vorherige Anerkennung nicht ohne Verschulden des Antragstellers unterblieben ist.
Zunächst einmal steht nicht fest, daß der Sanatoriumsaufenthalt für die Ehefrau des Antragstellers erforderlich war. Der Haus- oder Facharzt des Antragstellers hat vielmehr lediglich ein “kurmäßiges Heilverfahren” für notwendig gehalten. Unter einem solchen kurmäßigen Heilverfahren ist eine ambulante Heilkur gemäß § 7 BhV, nicht aber ein Sanatoriumsaufenthalt nach § 6 BhV zu verstehen. Daß der Amtsarzt für den Antragsteller selbst einen Sanatoriumsaufenthalt für notwendig erklärt hat, läßt einen Rückschluß auf die erforderliche Heilmaßnahme für die Ehefrau des Antragstellers nicht zu. Eine weitere Vertiefung dieser Frage ist nicht angezeigt, weil jedenfalls die Unterlassung des Antrages auf Anerkennung eines Sanatoriumsaufenthaltes als beihilfefähig für die Ehefrau des Antragstellers nicht ohne dessen Verschulden erfolgt ist.
Grundsätzlich ist es die Obliegenheit eines jeden Beihilfeberechtigten, die notwendigen Anträge zu stellen und möglicherweise hierzu auch die Beihilfevorschriften zu Rate zu ziehen. Fraglich könnte insoweit nur sein, ob der Sachbearbeiter der Beihilfestelle, der dem Antragsteller am 8. März 1989 die telefonische Auskunft erteilt hat, gehalten gewesen wäre, entsprechend der dem Antragsteller gegenüber bestehenden Fürsorgepflicht darauf hinzuweisen, daß ein Sanatoriumsaufenthalt auch für die Ehefrau des Antragstellers beihilfefähig sei. Die Annahme einer solchen Verpflichtung würde aber die Fürsorgepflicht des Dienstherrn überspannen. Denn bei einer telefonischen Auskunft muß sich der Sachbearbeiter immer an den Rahmen der an ihn gestellten Frage orientieren, zumal es für ihn nicht klar war, ob für die Ehefrau des Antragstellers (wie für diesen selbst) nicht nur eine ambulante Heilkur, sondern ein Sanatoriumsaufenthalt erforderlich sein könne. Der Sachbearbeiter der Beihilfestelle mußte nicht erkennen, daß neben dieser ambulanten Heilkur möglicherweise auch ein Sanatoriumsaufenthalt in Betracht kam. Demnach hatte er keinen Anlaß, darauf hinzuweisen, daß ein Sanatoriumsaufenthalt beihilfemäßig günstiger wäre als eine ambulante Heilkur. Zudem läge in dem Hinweis des Sachbearbeiters, ein Sanatoriumsaufenthalt wäre – finanziell – günstiger, letztlich der Vorschlag, eine Heilmaßnahme einzuleiten, die der Haus- oder Facharzt, der seinem Attest nach nur eine Heilkur für nötig gehalten hatte, gerade nicht für erforderlich ansieht. Soweit kann aber die Fürsorgepflicht des Dienstherrn nicht gehen, daß der Anrufende über eine kostenmäßig günstige abzurechnende Heilbehandlung ohne konkrete Anfrage informiert wird, wenn der Privatarzt eine solche Heilbehandlung nicht für erforderlich attestiert hat.
Darüber hinaus muß sich der Antragsteller auch anrechnen lassen, daß er trotz der Information durch einen Amtsbruder nicht unverzüglich danach gefragt hat, wie die Kostenerstattung bei einem Sanatoriumsaufenthalt beihilfemäßig erfolgen kann. Hierzu wäre noch Zeit gewesen, weil nach seinem eigenen Vortrag die Information durch den Amtsbruder einen Tag vor Beginn des Sanatoriumsaufenthaltes erfolgt ist. Weiterhin muß der Antragsteller sich anrechnen lassen, daß er von dem Gutachten des Amtsarztes Kenntnis genommen hat, in welchem aufgeführt war, daß ein Sanatoriumsaufenthalt (und nicht nur eine ambulante Heilkur) für den Antragsteller notwendig sei. Durch diesen Hinweis hätte der Antragsteller erkennen müssen, daß es einen Unterschied zwischen der “Kur” und dem Sanatoriumsaufenthalt gibt. Das hätte ihm aber Veranlassung geben können und im eigenen Interesse müssen, nach der Beihilfefähigkeit eines Sanatoriumsaufenthaltes, der ja nach dem amtsärztlichen Gutachten etwas anderes als die Heilkur ist, noch einmal zu fragen.
Andererseits kann dem Sachbearbeiter der Beihilfestelle bei der Antragsgegnerin nicht angelastet werden, daß er nach der Kenntnisnahme des amtsärztlichen Gutachtens für den Antragsteller diesen wegen seiner Ehefrau nicht erneut angesprochen hat. Denn man kann nicht erwarten, daß ihm noch das Telefongespräch vom 8. März 1989 genau in Erinnerung war; zudem bezog sich das amtsärztliche Gutachten allein auf den Antragsteller und nicht auf seine Ehefrau.
Nach alledem muß die Unterlassung des Betreibens der vorherigen Anerkennung des Sanatoriumsaufenthaltes der Ehefrau des Antragstellers als ihm zurechenbar angesehen werden, da Rechtsunkenntnis nicht als Schuldlosigkeit angesehen werden kann. Demnach muß der Antrag zurückgewiesen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 29 des Verwaltungskammergesetzes. Es bestand kein Anlaß, die außergerichtlichen Kosten der Beteiligten für erstattungsfähig zu erklären.
Die Übereinstimmung der Kopie mit dem Original des Urteils wird hiermit beglaubigt:
Düsseldorf, den 17. Dezember 1990
(Oberlack)
Urkundsbeamter der Geschäftsstelle der Verwaltungskammer der Ev. Kirche im Rheinland